Greenpeace wirft VW Bluff
mit Klimaneutralität vor

29.08.2020

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reenpeace wirft Volkswagen vor, seine Kunden mit der Aussage zu täuschen, die neuen Elektromodell ID.3 und ID.4 seien klimaneutral produziert. Ihre Kritik stützt die Naturschutzorganisation vor allem auf die Aussage, das zur Kompensation herangezogene Waldprojekt in Indonesien sei weitgehend wirkungslos.

Volkswagen verspricht für die beiden Modelle nicht nur einen klimafreundlichen Elektroantrieb – sofern erneuerbar erzeugter Strom genutzt wird – sondern auch eine klimaneutrale Herstellung der Fahrzeuge selbst. Das geschieht zunächst durch Energieeinsparung in allen Fertigungsschritten. Das Kohlendioxid, das Volkswagen und seine Zulieferer heute noch nicht vermeiden können, wird ausgeglichen – unter anderem mit Hilfe von zertifizierten Klimaschutzprojekten im indonesischen Regenwald.

Genau hier setzt die Kritik von Greenpeace an: Weil die versprochene Kompensation durch das Waldprojekt in Indonesien unwirksam sei, verursache die Fertigung der neuen ID-Modelle weiterhin enorme Mengen CO2. Mit jedem Exemplar des neuen Elektro-SUVs ID.4 etwa gelangten durch die Produktion rund 14 Tonnen CO2 in die Atmosphäre.

Der Grund dafür sei, so Greenpeace, dass das einzige bislang bekannte Kompensationsprojekt Katingan Mentaya auf Borneo nach Recherchen der Umweltorganisation keinerlei zusätzliche CO2-Einsparung erzeuge, durch die VW eigene Emissionen ausgleichen könnte. Die angenommenen Bedrohungen für das 150.000 Hektar große Waldgebiet durch die Papierindustrie, die das Projekt abzuwenden vorgebe, entpuppten sich bei näherer Betrachtung allesamt als extrem unwahrscheinlich oder sogar ausgeschlossen.

Hintergrund dafür ist das für Klimaschutzmaßnahmen wichtige Prinzip der Additionalität. Danach müssen Klimaschutzprojekte eine zusätzliche Veränderung bewirken, die es ohne sie nicht gebe. Wenn der Wald in diesem Fall also einfach weiter besteht, wie er immer bestanden hat, und auch ohne das Schutzprojekt von VW gleichviel CO2 speichere, ergebe das für die Klimabilanz des Planeten eine Nullsumme. Insofern sei Volkswagen aus diesem Schutzprojekt, so die Kritik von Greenpeace, kein Effekt zuzurechnen.

Die Naturschutzorganisation führt als Beleg dafür an, dass die als mögliche Nutzung beschriebenen Akazienplantagen für die Papierindustrie, die den Regenwald bedrohen würden, in der Region ganz überwiegend auf Mineralböden angelegt würden, während das Projektgebiet aus schwierig zu nutzenden Torfmoorböden bestehe. Hinzu komme, dass seit 2011 ein Moratorium gelte, das Plantagen auf dem gesamten Projektgebiet dauerhaft untersage.

„Klimaschäden lassen sich nicht kompensieren, schon gar nicht durch vermeintlichen Waldschutz“, heißt es in der Erklärung von Greenpeace „Intakte Wälder sind wichtig für den Schutz des Klimas, doch das entbindet VW nicht der Verantwortung, seinen eigenen CO2-Ausstoß schnell zu senken.“

Stattdessen fordert Greenpeace Volkswagen auf, mehr zu tun beim CO2-Ausstoß der eigenen Auto-Produktion und nennt als mögliche Beispiele den Bezug CO2-freien Stahls. Allein dadurch würde bei der Herstellung jedes Autos gut eine Tonne CO2 weniger ausgestoßen. Doch die vermeintliche Kompensation dieser Mengen komme Volkswagen, so Greenpeace, deutlich günstiger. Für das Bergwaldprojekt in Indonesien zahlt VW zwischen 5 und 10 US-Dollar (4,25 – 8,50 Euro) pro Tonne CO2.

„VW gaukelt den ID-Kunden eine klimaschonende Produktion vor und ignoriert dabei die wirklich großen Schritte zu weniger CO2“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. „Volkswagen könnte einen enormen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn der Konzern schneller aus dem Verbrennungsmotor aussteigt und nicht länger auf umwelt- und klimaschädliche SUVs setzt.“

gh

Quellen:
www.greenpeace.de
www.volkswagen.de

Foto: VW