Wie funktionieren der Handel und die Stilllegung von Zertifikaten?

21.02.2021

Im Kyoto-Protokoll wurde auf internationaler Ebene festgelegt, wie Treibhausgase reduziert werden sollen. Als ein wichtiges Instrument hat man den Emissionshandel eingeführt. Durch ihn soll ein Anreiz für Unternehmen gesetzt werden, klimafreundlicher zu produzieren. Man muss den verpflichtenden vom freiwilligen Zertifikate-Handel unterscheiden.

Verpflichtender Zertifikate-Handel

Wenn ein Unternehmen, das dem verpflichtenden Zertifikate-Handel unterliegt, Kohlendioxid in die Atmosphäre abgeben will, benötigt es in Europa Emissionsrechte. Ein solches Zertifikat berechtigt dazu, innerhalb einer bestimmten Periode eine Tonne Kohlendioxid zu produzieren. Am Ende des festgelegten Zeitraums muss das Unternehmen nachweisen, dass seine gesamten Emissionen durch Zertifikate abgedeckt sind. Diese Zertifikate muss es über den Europäischen Emissionshandel kaufen – es entstehen den Unternehmen also Kosten. Weniger Treibhausgas auszustoßen, ist daher bei steigenden Zertifikate-Preisen ökonomisch rentabel, zumal ihre Menge Jahr für Jahr verknappt wird.

Die Pflicht, CO2-Zertifikate zu kaufen, gilt in der EU derzeit für die großen Energie- und Industrieanlagen sowie den Flugverkehr innerhalb der EU. Zusätzlich zum Europäischen Emissionshandel gibt es in Deutschland ab 2021 ein nationales Emissionshandelssystem für fossile Brennstoffe. Um die Reduktion der Treibhausgase ökonomisch flexibel zu gestalten, können CO2-Zertifikate gehandelt werden. Das führt dazu, dass Kohlendioxid dort eingespart wird, wo es ökonomisch effizient ist. Wenn es günstiger ist, eine Tonne CO2 einzusparen, anstatt ein Zertifikat zu kaufen, rüstet das Unternehmen um und kann überflüssige Zertifikate an andere Unternehmen verkaufen.

Der staatlich geregelte Markt ist an Börsen gebunden, in Deutschland die Energiebörse EEX in Leipzig. Auf dieser Basis lassen sich sogar Finanzmarktderivate konstruieren, die an den regulären Börsen handelbar sind. Einige Kompensationsprojekte setzen genau darauf unter dem Motto „Kauft der Industrie ihre Zertifikate weg“. Sie nehmen direkt am EU-Emissionshandel teil, kaufen Zertifikate auf und legen sie dauerhaft still. Dadurch stehen den Anlagen- und Kraftwerksbetreibern innerhalb des Emissionshandels weniger Zertifikate zur Abdeckung ihrer Emissionen zur Verfügung, und sie sind gezwungen, ihren Ausstoß zu verringern. Im Gegensatz zum Großteil des freiwilligen Zertifikate-Handels werden so Emissionen direkt in Europa reduziert.

Freiwilliger Zertifikate-Handel

Die meisten Kompensationsprojekte für Unternehmen fokussieren auf den freiwilligen Zertifikate-Handel. Der Grund dafür ist auch ein finanzieller: verpflichtende Zertifikate kosten derzeit an der Börse mehr als 30 € pro Tonne CO2, die Zertifikate im freiwilligen Handel liegen je nach Projekt bei 8 bis 15 €.

Für den freiwilligen Zertifikate-Handel prüfen unabhängige Institutionen die Qualität von Kompensationsprojekten und bemessen ihren Beitrag zur Emissionsminderung. Es kann sich um Projekte im Bereich erneuerbarer Energien ebenso handeln wie um landwirtschaftliche, ökologische oder sogar soziale Projekte, die etwa Verhaltensänderungen von Gesellschaften zum Ziel haben. Die meisten dieser Projekte befinden sich außerhalb der EU.

Wichtig ist, dass diese Projekte und die ihnen zugeschriebenen CO2-Zertifikate von anerkannten Institutionen zertifiziert sind. Nur dann ist garantiert, dass die Zertifikate tatsächlich wirksamen Klimaschutzprojekten entstammen und nicht mehrfach verkauft werden. Die beiden gängigsten Standards dafür sind der Verified Carbon Standard und der Gold Standard. Beide erfüllen die vom Kyoto-Protokoll geforderten Kriterien und Auflagen. Freiwillig können Unternehmen sowohl auf dem freiwilligen als auch auf dem verpflichtenden Markt kompensieren. Umgekehrt kann aber auf einem freiwilligen Markt keine Kompensation erfolgen, um Pflichten aus dem Kyoto-Protokoll zu erfüllen.

Der Handel der Zertifikate findet entweder über spezielle Börsen wie die Chicago Climate Stock Exchange oder über einzelne Händler statt. Der Preis eines Zertifikats ist abhängig von der Qualität des zugrundeliegenden Projekts und der Marktnachfrage nach CO2-Zertifikaten. Verschiedene Organisationen wie First Climate, Primaklima, atmosfair, oder ClimatePartner bieten die Neutralstellung von Unternehmen, Dienstleistungen oder Produkten an. Unser Dienstleister ist Climate Extender, die besonders auf kleinere und mittlere Unternehmen fokussiert sind.

Erst mit der Stilllegung eines CO2 Zertifikates ist die entsprechende Menge des Treibhausgases abschließend kompensiert. So kann mit jedem stillgelegten Zertifikat nur einmal die ausgewiesene Menge CO2 ausgeglichen werden.

Für die Transparenz des Marktes sorgen Register. So führt das britische Unternehmen Markit eine weltweite Datenbank, in der die von Unternehmen erworbenen und stillgelegten Zertifikate für alle Interessierten transparent hinterlegt sind.

Stand: 10.03.2021

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