Pioniere des nachhaltigen Gemüseanbaus

17.09.2022

Interview mit Firmengründer Josef Steiner (auf dem Foto links mit seinem Sohn Wolfgang Steiner) darüber, warum sich von Anfang an alles ums Heizen drehte, welches Gemüse als nächstes unter Glas kommt, und woran er gerade tüftelt

Herr Steiner, wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, Treibhäuser in Oberbayern zu bauen?

Landwirtschaft wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Wir hatten zuhause eine Baumschule, die heute mein Bruder betreibt. Später begann ich mit dem Obstanbau und einer Heidelbeerplantage. Ich habe selbst auch immer viel gegartelt, es hat mich immer gereizt, Neues auszuprobieren. Über die Baumschule hatten wir Kontakt nach Holland, dort ist man ja seit langem weltweit führend beim modernen Unterglasanbau. Die Möglichkeit, in Mitteleuropa alles das anzubauen, was man sonst nur in den Mittelmeerländern ziehen kann, hat mich fasziniert. Aber ich habe auch gesehen, wie energieintensiv das ist. In Holland war das lange kein Problem, es gibt dort große Erdgasvorkommen. Mit dem Klimaschutz beginnt man aber auch dort umzudenken. Die Frage für mich war also von Anfang an: wie heizen? Nur wenn wir dafür eine nachhaltige Lösung finden, können wir das hierzulande überzeugend umsetzen.

Heißt das, regional erzeugtes Gemüse ist nicht automatisch klimafreundlicher als, sagen wir, in Spanien hergestelltes?

Ganz genau. Es kommt auf die Heizung an. Man braucht zum Beispiel für Tomaten pro Quadratmeter 420 Kilowatt Wärmeleistung. In Spanien liefert das die Sonne. Hierzulande müsste man dafür, wenn man fossil heizen würde, 42 Liter Erdöl verbrennen bzw. eine entsprechende Menge Gas. Das macht einen Liter Heizöl pro Kilogramm Tomaten, bei geringen Produktionsmengen sogar mehr.

Wissen das die Kunden?

Ich glaube noch nicht viele. Kunden kaufen heute gerne regionale Lebensmittel, wissen aber nicht immer, dass die Energiebilanz von Treibhäusern, die mit Erdgas beheizt werden, nicht besser liegt, als wenn das Gemüse mit Lkw aus Spanien hertransportiert werden. Ich meine aber, dass man sich mit dem Klimaschutz zunehmend dafür interessieren wird. Für mich war eine nachhaltige Heizung von Anfang an die Voraussetzung, dafür dass man Gemüse unter Glas hierzulande produzieren kann.

Wie kamen Sie auf die Lösung?

Auf der Suche nach einer Wärmequelle dachte ich zunächst an die Abwärme eines Industriebetriebs, und wir waren auch schon mit der ÖMV in Burghausen im Gespräch. Dort gab es aber nicht die Flächen, die wir benötigten. Die Geothermie-Bohrung in Kirchweidach 2010 war dann die Lösung, denn die unerschöpfliche Wärme aus dem Erdkern ist CO2-frei. So können wir heute alle Gewächshäuser beheizen, ohne dass dafür fossile Brennstoffe verfeuert werden. Und in Emmerting nutzen wir die Abwärme aus der Müllverbrennung in Burgkirchen.

Welche Schwierigkeiten galt es zu meistern?

In Kirchweidach standen von Anfang an alle hinter dem Projekt: die Gemeinde, der Bürgermeister, die Nachbarn. Die Herausforderung war eher eine technische: die holländischen Baupläne für Treibhäuser rechneten nicht mit Schneelasten, wie wir sie hier im Voralpenland haben. Es gab dafür keine statischen Standards. Wir mussten also die Pläne neu, strenger rechnen. Damit waren wir Pionier in Oberbayern, darauf bin ich schon ein bisschen stolz.

Sie haben auch mit anderen Innovationen vorne gelegen.

Ja, bei der Nutzung des Regenwassers für die Bewässerung zum Beispiel, daher benötigten wir keine Tiefenbohrung. Oder beim völligen Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz. Aber da habe ich mir schon auch viel in Holland abgeschaut.

Welche Trends sehen Sie beim Gemüseanbau unter Glas in den nächsten Jahren, wo geht der Weg hin?

Wir werden immer mehr Produkte im geschützten Anbau sehen: Salat, Auberginen, Zucchini, Kräuter. Das hat zum einen damit zu tun, dass mit dem Klimawandel die Wetterextreme zunehmen, und die Pflanzen im Gewächshaus dagegen geschützt sind. Außerdem können wir im Gewächshaus mit moderner LED-Technik ganzjährig anbauen. Der wichtigste Punkt ist meiner Meinung allerdings, dass sich Landwirtschaft unter Glas effektiver betreiben lässt. Im Treibhaus kann man ganz dosiert nach dem Bedarf der Pflanze bewässern und düngen. Außerdem ist dort Automatisierung viel einfacher. Es gibt bereits Roboter, die Erdbeeren pflücken, und das sind die sensibelsten Früchte. Und für die Mitarbeiter ist die Arbeit gesünder als bei Wind und Wetter draußen. Außerdem müssen sie sich im Gewächshaus nicht dauernd bücken. Ich sehe eigentlich nur Vorteile.

Und Ihr nächstes Vorhaben?

Ein Gewächshaus für Salat. Der braucht nicht ganz so viel Licht, so dass man Photovoltaik-Module aufs Dach setzen kann. Meine Vision ist ein autarkes Gewächshaus nicht nur auf die Wärme bezogen, sondern auch auf den elektrischen Strom. Ein anderes Beispiel ist, das CO2, das wir benötigen, um die Pflanzen über die Luft zu düngen, nicht aus einem Industrieprozess zu beziehen, sondern aus Biogas, dann wäre auch das klimaneutral. Solche Sachen reizen mich, da fange ich dann an zu tüfteln und höre erst auf, wenn die Aufgabe gelöst ist.

Interview: Gerd Henghuber

Hier geht es zum Nachhaltigkeitsbericht von Gemüsebau Steiner.